Australiens erste Oppositionsführerin wuchs im Nahen Osten auf und änderte ihren Namen als Teenager. Was wissen wir über Sussan Ley?
Sussan Ley wurde zur ersten weiblichen Vorsitzenden der Liberalen Partei gewählt.
Am Dienstag wurde Ley die dienstälteste Frau in der 80-jährigen Geschichte der Partei, als sie sich bei der Fraktionswahl mit 29 zu 25 gegen den Finanzsprecher der Opposition, Angus Taylor, durchsetzte.
Für die dreifache Mutter sind hochrangige Positionen keine Unbekannte, da sie zuvor Ressorts im Umwelt- und Gesundheitsbereich sowie unter Peter Dutton stellvertretende Vorsitzende der Liberalen Partei war.
Die 63-Jährige erwähnte in ihren ersten Worten als Vorsitzende ihre Kindheit als Weltenbummlerin und erklärte, ihre Geschichte sei eine „Migrationsgeschichte“.
Was wissen wir also über Sussan Ley und was können wir von ihrer Führung erwarten?
Wer ist Sussan Ley?
Die in Nigeria geborene Ley wuchs größtenteils im Nahen Osten auf und zog mit ihrer englischen Familie in die Vereinigten Arabischen Emirate, bevor sie zwei Jahre alt war.
In einem Porträt aus dem Jahr 2014 erzählte Ley SBS, wie sie ihren Vater bei Feldforschungen für den britischen Geheimdienst MI6 begleitete. Auf diesen Reisen entdeckte sie erstmals ihre Leidenschaft für Vielfalt.
Ihre Zeit auf einem Internat im englischen Sussex ab dem Alter von zehn Jahren beschrieb sie zuvor als „hart“, aber „eine prägende Zeit“, die ihr Interesse an Politik gefördert habe.
Mit 13 Jahren zog ihre Familie nach Australien. Nachdem sie sich kurzzeitig in Queensland als Viehzüchterin versucht hatte, zogen sie nach Canberra.
Hier machte sie sich die Punk-Kultur zu eigen und entschied sich für lilafarbene Stachelhaare, schwarzen Lippenstift und mehrere Piercings.
„Es war eine Möglichkeit, sich ausschließlich im Hinblick auf die eigene Identität auszudrücken und nicht die Ansichten anderer zu übernehmen. Das hat mir gefallen“, sagte sie gegenüber SBS News.
„Manchmal gehen die Leute davon aus, dass man als Punk kein Konservativer ist, aber das konnte man ganz klar sein, und das war ich damals auch.“
Nach dem Schulabschluss fügte sie ihrem Vornamen ein weiteres „s“ hinzu, weil sie numerologisch glaubte, dass dies ihre Persönlichkeit verändern würde.
„Ich habe mir gedacht, dass ich ein unglaublich aufregendes, interessantes Leben haben würde, wenn man ein ‚s‘ anhängt, und dass mir nie langweilig werden würde“, sagte sie 2015 der Zeitung The Australian.
Ley hat in vielen Berufen gearbeitet, unter anderem als Fluglotsin, Schafschererin, Köchin, Woll- und Rinderzüchterin sowie im öffentlichen Dienst. Sie hat außerdem eine Berufspilotenlizenz erworben.
Die Großmutter von sechs Kindern studierte außerdem im fortgeschrittenen Alter an der Universität und schloss einen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften sowie einen Master in Steuern und Rechnungswesen ab.
Leben in der Politik: Von der Wende zur gleichgeschlechtlichen Ehe bis zu Sammelklagen
Leys mehr als zwei Jahrzehnte im Parlament (sie wurde 2001 als Abgeordnete für Farrer im Südwesten von New South Wales gewählt) waren nicht ohne Kontroversen.
Sie hat offen zugegeben, dass sie im Laufe ihrer Amtszeit ihre Meinung zu bestimmten Themen geändert hat. So hat sie sich beispielsweise schließlich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen, nachdem sie diese zunächst abgelehnt hatte.
Im Jahr 2011 war sie Ko-Vorsitzende der parlamentarischen Gruppe „Freunde Palästinas“ und verbrachte zehn Tage im besetzten Westjordanland.
Nach ihrer Rückkehr hielt sie eine Rede vor dem Parlament, in der sie sagte: „Ich unterstütze das palästinensische Streben nach einem eigenen Staat auch deshalb, weil es den einfachen Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen Mut machen wird.“
Am Dienstag erklärte sie als Vorsitzende der Oppositionspartei, dass sie die Angelegenheit anders sehe und betonte, dass sie sich seitdem auf einer Reise nach Israel befinde.
„Im Moment sehen wir keine Partei, die an Frieden mit Israel interessiert ist, keine Partei, die an einem sicheren Israel hinter sicheren Grenzen interessiert ist, und keine Partei, die an einem gerechten und dauerhaften Frieden interessiert ist“, sagte sie.
Im Jahr 2017 musste sie als Gesundheitsministerin der Turnbull-Regierung zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass sie mit Steuergeldern finanzierte Charterflüge an die Gold Coast unternommen und dabei eine Immobilie gekauft hatte.
Als Umweltministerin legte sie 2022 gegen eine Sammelklage von acht Kindern Berufung ein und argumentierte, sie habe keine Sorgfaltspflicht, junge Menschen vor dem Klimawandel zu schützen.
Am diesjährigen Australia Day verglich sie die Ankunft der First Fleet mit der SpaceX-Marsmission von Elon Musk und bezeichnete die britische Besiedlung als „gewagtes Experiment“.
„Und genau wie die Astronauten, die auf dem Mars ankamen, würden diese ersten Siedler mit einer anderen und fremden Welt voller Gefahren, Abenteuer und Möglichkeiten konfrontiert werden“, sagte sie.
Der Australia Day wurde 1994 zum gesetzlichen Feiertag und erinnert an den Tag, an dem die First Fleet 1788 in der Bucht von Sydney landete. Viele Australier, sowohl indigene als auch nicht-indigene, bezeichnen ihn heute jedoch als Invasion Day oder Survival Day.
Was können wir von ihrer Führung erwarten?
Im Vorfeld der Führungsentscheidung erklärten Experten gegenüber SBS News, dass Ley einen moderateren Führungsansatz verfolgen könnte als ihr Vorgänger Peter Dutton.
Amy Remeikis, Chef-Politikanalystin der Denkfabrik The Australia Institute, sagte, Leys Ansichten könnten zwiespältig sein.
„Obwohl sie gemäßigter ist als Dutton und Taylor, bewegt sie sich in einer seltsamen Schieflage zwischen gemäßigt und konservativ“, sagte sie.
„Sie ist eine regionale Liberale und obwohl sie einige gemäßigtere Ansichten hatte, insbesondere wenn es um Frauen ging, war sie eine Zeit lang gegen den Export lebender Tiere.“
In der Wirtschaftspolitik scheine Ley mit den traditionellen liberalen Werten eines kleinen Staates und niedrigerer Steuern im Einklang zu stehen, sagte Remeikis.
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Dr. Mark Rolfe, Dozent an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität von New South Wales, sagte, Leys Führung könne mit einem wahrgenommenen „Geschlechterproblem“ innerhalb der Liberalen Partei fertig werden.
„Wenn wir die Zahl der blaugrünen Abgeordneten und den Mangel an weiblichen Liberalen sehen, ist es klar, dass berufstätige Wählerinnen die Liberale Partei verlassen haben“, sagte er.
„Die Frage des Geschlechterwahlrechts hat die Liberalen verwirrt.“
Nach ihrem Aufstieg zur Vorsitzenden gab Ley zu, dass die Koalition bei der Bundestagswahl „die Frauen im Stich gelassen“ habe.
„Daran besteht kein Zweifel, und das stimmt. Die Zahl der Frauen, die uns unterstützen, nimmt ab, und ich möchte dem eine Grenze setzen“, sagte sie Reportern am Dienstag.
Rolfe sagte, Ley stehe als Vorsitzender einer Partei, die überwiegend aus konservativen Abgeordneten bestehe, ein anspruchsvoller Weg bevor.
John Mickel, ehemaliger Labour-Abgeordneter und außerordentlicher Professor an der Queensland University of Technology, sagte, ein gemäßigtes Auftreten könne der Schlüssel zur Rückgewinnung von Wählern, insbesondere berufstätigen Frauen, sein.
Die Liberale Partei genießt nicht mehr die Unterstützung insbesondere jüngerer Menschen und berufstätiger Frauen. Sussan Leys Attraktivität läge darin, dass sie als jemand angesehen würde, der die weiblichen Wähler zurückgewinnen oder gewinnen könnte.
